Schwache Kirche

Schwache Kirche

VON Marcel Grob

Von Veröffentlicht am: 28. Februar 2025Kategorien: Alle, Dossiers, Wildnis, Zukunft Kirche519 Wörter2,6 min LesezeitAufrufe: 84Schlagwörter: , , , , ,

Die Kirche sollte sich von ihrer Stärke verabschieden! Klar, wir haben noch immer viele Mitglieder und noch immer viel Vermögen, doch eine Kirche die Kirche kann, ist die falsche Kirche. Wir brauchen keine starken Kirchen, sondern eine von Gott abhängige Kirche und damit eine schwache. Diese Abhängigkeit ist ein Nichtkönnen. Eine Kirche, die aus sich selbst heraus schwach ist, und durch die Gott handeln kann. Diese Haltung hat Jesus ans Kreuz gebracht. Kyrie eleison!

Keine Produktfabrik

Doch Hand aufs Herz: Auch wir als lokale Kirchgemeinde scheitern an dieser Vision. Wir stecken mitten im alten Spiel und sehen unsere Identität oft in unseren Produkten – Programme, Angebote und Dienstleistungen – begründet. Ehrlicherweise zählen wir schon vor allem jene gerne zu uns, die sich mit uns engagieren. Finden wir uns gut, weil wir so viel Gutes tun? Ist das Kirche? Jesus meint: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“ (Joh 13,34) Kirche ist keine Produktfabrik. Kirche ist Gottes öffentlich wahrnehmbare Gemeinschaft.

Eine Kirche die Kirche kann, ist die falsche Kirche.

Die Vitalisierung der Kirche hängt nicht von den nächsten großen Ideen ab. Die Frage ist, wie wir als Gemeinschaft leben. Sind wir überbeschäftigt oder haben wir Zeit für Begegnungen und Beziehungen? Dürfen sich bei uns Menschen auch ohne Zertifikat und Diplom entfalten? Beten wir gemeinsam? Freuen wir uns über Gäste und können wir als Gemeinschaft wahrgenommen werden oder sind wir, wenn wir uns treffen hinter Kirchenmauern verborgen? Und sind wir bereit Menschen aktiv zu enttäuschen. Wir werden sowieso niemals allen gerecht, bleiben als Kirchen ergänzungsbedürftig. Alles, was wir nicht können, ist ein Segen, denn wir dürfen es lassen.

Umso fröhlicher können wir uns anderem widmen. Was uns gegeben, dass soll leben. Wir gehen diesen Weg mit Zweitkanälen, die unsere klassischen Formen ergänzen und je selbst lebensfähig sind. Es sind Teil-Kirchen in ungewohnten Formen – alle operativ ohne Ordinierte, dafür geprägt von Landschaftsarchitekten, Raumplanern usw. – Kirche als Quartiercafé für Erwachsene (Coffee&Deeds).

Gemeinschaft mit Gott & Menschen

Kirche als Indoorspielplatz für Kinder (Villa YoYo). Kirche als Bürogemeinschaft für Arbeitende (Colabora). Diese Orte öffnen geistliche Räume nahe bei den Menschen und darin liegt ihr Wert: Die Atmosphäre im Deeds wird immer wieder angesprochen von Gästen und wenn wir dann erklären, dass sich hier Christen freiwillig engagieren, vermitteln wir ein total neues Kirchenbild. Gebet gratis auf der Speisekarte wird tatsächlich ab und an bestellt. Das sind alles Orte des gemeinsamen Seins, der Gemeinschaft mit Menschen und Gott.

Die Kirche mit Zukunft wird amateurhafter – aus Liebhaberei – mitten im Leben und aus ihrer Abhängigkeit von Gott zum Segen werden. Eine Kirche, die sich traut, weniger zu tun, um mehr zu sein. Eine Kirche, die keine Angst vor dem Verlust hat, weil sie weiß: Wir sind nicht das Ziel. Wir dürfen unterwegs sein, lasst uns in Bewegung kommen. Voller Gottvertrauen, ER machts, wir dürfen schwach sein.

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