Auf Hoffnung säen
Auf Hoffnung säen
VON Margrit Wegner
Am Montag nach der Beerdigung kommt die Mail von der Pröpstin gleich morgens früh: „Guten Start in die neue Woche. Dieses Feedback schicke ich dir gerne zur Kenntnis.
Es ist ein Dilemma: Wenn eine Gemeinde oder ein Kirchenkreis vom Standesamt die Mitteilung bekommt, dass jemand die evangelische Kirche verlassen hat, ist es bereits zu spät. Dann hilft ein Brief mit der Frage nach Gründen und ein Gesprächsangebot auch nicht mehr. Da ist die Entscheidung gefallen. Nur selten hat die Pröpstin überhaupt eine Antwort bekommen. In Einzelfällen kam es zu einem Gespräch.
Jetzt hat sich eine Frau wieder gemeldet: „Vielleicht erinnern Sie sich: Vor Jahren habe ich Ihnen telefonisch meinen Austritt aus der Kirche ‚erklärt‘, das war mir wichtig. Gestern waren mein Mann und ich auf einer Trauerfeier. Mein höchstes Lob an die Pastorin. Es war die beste Trauerfeier unseres Lebens. Wir waren im kleinen Kreis dort und jeder hat sich lobend geäußert. Das ist für mich die Zukunft.“ Das ist doch paradox: In diesen Wochen beerdigen wir so viele Menschen wie lange nicht mehr. Lauter Gemeindeglieder, die gerade noch ihren 90. oder 95. Geburtstag gefeiert haben, manche auch deutlich jünger. Die Gemeinde schrumpft, nicht nur durch Austritte, sondern auch durch das, was in Statistiken Übersterblichkeit heißt. Es gibt nun mal mehr sehr, sehr alte Menschen als junge Familien, die ihren Weg zu uns finden. Wir geben uns Mühe bei jeder Beerdigung, keine Frage. Versuchen immer, den Verstorbenen und den Zurückgebliebenen gerecht zu werden und dieses individuelle Leben im Licht Gottes zu sehen. Gerade die genannte Beerdigung war in keiner Weise außergewöhnlich. Aber offenbar haben gerade die schmerzlichen Abschiede das Potential, Menschen zutiefst zu berühren.
„Ich denke, ich komme mal zu Ihnen in den Gottesdienst.“
Da, wo die eigenen Worte fehlen, tragen die alten Lieder, die biblischen Geschichten, das Vaterunser, der Segen. „Das ist für mich die Zukunft“, schreibt die Frau, die schon jahrelang nichts mehr mit der Kirche zu tun haben wollte, angesichts des Todes, des Endes. Ein paar Tage später meldet sie sich auch noch einmal direkt bei mir. Bedankt sich und schiebt hinterher: „Ich denke, ich komme mal zu Ihnen in den Gottesdienst.“ Ich sitze schon wieder an der nächsten Beerdigung und denke an das Gleichnis vom Sämann. Wir dürfen großzügig säen. Überall. Auch da, wo es steinig und dornig ist, wo die Menschen ausgetreten sind oder Kirche nie kennengelernt haben. An welchen Stellen aus Gottes Wort etwas wächst, haben wir nicht in der Hand. Aber wenn Saat aufgeht, ist das definitiv ein guter Start in die Woche.
Foto von Vidar Nordli-Mathisen auf Unsplash
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