Quartiersmanagerin im Habit

Quartiersmanagerin im Habit

VON Tanja Kasischke

Von Veröffentlicht am: 17. September 2025Kategorien: Alle, Wanderrouten782 Wörter4,1 min LesezeitAufrufe: 337Schlagwörter: , , , ,

„Wolke 7“, das ist ein missionarischer Ort in Niedersachsens größtem Neubaugebiet im Süden von Hannover. Mit Geist und Herz beseelt ihn Schwester Magdalena Winghofer.

Vor den Fenstern mit dem blauen horizontalen Streifen ist der Gehweg frisch gepflastert. Die Männer am Rüttler machen gerade Pause. Ein paar Meter weiter die Straße hoch reihen sich Bauzäune, am Horizont dreht sich ein Kranarm. Work in Progress im Süden Hannovers, in Niedersachsens größtem Neubaugebiet Kronsberg-Süd. Bei den Einheimischen heißt es Kronsrode und wird bis zu 10.000 Einwohner haben, wenn alle Straßen gepflastert und alle Wohnungen bezogen sind. Aktuell leben ungefähr 2.500 Menschen hier.

Strahlkraft und Wärme

Draußen wie drinnen wird Gemeinde gebaut. Schwester Magdalenas Dienststelle „Wolke 7“ liegt hinter den Fenstern mit dem blauen Streifen. Im Juni 2024 hat sie das Erdgeschoss des Neubaus bezogen, im September war Eröffnung. „Wolke 7“ ist ein missionarischer Ort für das Quartier, ein kirchlicher Raum von angenehm dezenter Strahlkraft und großer Wärme. Finanziert wird er vom Bistum Hildesheim, an einem Ort, an dem Kirche noch fern ist – bis zum nächsten Gotteshaus sind es vier Kilometer – und der zugleich vielen Kirchenfernen Zuhause ist. „Hier sind alle zugezogen, es gab nichts Gewachsenes“, beschreibt Schwester Magdalena die ersten Schritte auf dem neuen Pflaster von Kronsrode. Im Oktober 2022 fing die Pastoralreferentin hier an, „anderthalb Jahre als Wandermissionarin“, ehe die Räume bezugsfertig waren. „Wolke 7 hat sich im Hiersein entwickelt.“

„Hier sind alle zugezogen, es gab nichts Gewachsenes.“

Magdalena Winghofer gehört der Ordensgemeinschaft der Congregatio Jesu an. Sie trägt Habit, sie fällt auf, auch durch ihre zugewandte Art und das herzliche Lachen hat sie sich zum Bezugspunkt für die Menschen im Quartier entwickelt, einer Art Schwarzem Brett auf zwei Beinen. „Ich habe mit Hausbesuchen angefangen, ganz klassisch bei den Mitgliedern der katholischen Kirche.“ Deren Adressen erhielt sie über das kommunale Meldewesen. Die der anderen nicht. „Nach einem halben Jahr haben sich die Ersten interessiert, wer hier sonst noch so ist.“ Damit ging sie auf die Stadt Hannover zu, die ihr Neubaugebiet auf diese Weise langsam sozial zu fassen bekam. Für das neue Quartiersmanagement war die Vorarbeit von kirchlicher Seite im Wortsinn ein Segen.

Gott ist schon immer da

Mit Eröffnung der „Wolke 7“ wurde die Wandermissionarin zur Netzwerkerin mit fester Adresse. Der Name verheißt Gutes. Wer die Eingangstür aufmacht, steht jedoch nicht direkt vor Schwester Magdalenas Schreibtisch. Die Räume in der Rosalind-Franklin-Allee 80 sind so gestaltet, dass der Andachtsraum Vorrang erhält. Er ist täglich von 8 bis 18 Uhr öffentlich zugänglich, dafür sorgt eine Zeitschaltuhr. Rote Backsteine sind zu einer Pyramide gestapelt, Kiesel liegen darauf, weiße Federn oder zusammengerollte Zettel stecken in den Ritzen. Gotische Fensterbögen sind auf einer blauen Fensterglasfolie stilisiert, das Sonnenlicht wirft Lichtspiele auf die Bodenfliesen. An der Wand hängt eine goldfarbene Scheibe. Ein stilisiertes Kreuz teilt sie in vier gleichgroße Stücke, fast wie eine XL-Hostie. Ein Raum, der sich nicht aufdrängt, sondern den Gast auffordert sich zu zeigen. „Ich bin immer davon ausgegangen, Gott ist schon hier“, formuliert es Schwester Magdalena.

Um in ihr Büro zu gelangen, wendet man sich nach rechts und tritt durch eine weitere Tür. Die kluge, verantwortungsvolle Aufgabenteilung zwischen Segen und Seelsorge hat sich die 43-Jährige selbst überlegt. Weil sie beim Werden der Räume dabei war, konnte sie mitreden. „Mir war wichtig, dass der Ort offen gestaltet ist und zugleich Klarheit ausstrahlt.“ Darüber, dass Kirche hier ist. So wie Schwester Magdalena mit ihrem Habit Zeichen setzt: „Ich leite eine kirchliche Einrichtung.“ Unter ihren Gästen sind „Katholiken und andere Christen vor Ort, Anlassbesucher und Suchende“. Was sie vorfinden, ist den Segen zum Wochenstart, ein Erzählcafé, ein Entscheidungs-Parcours für den Lebensalltag, die Kinderkirche: Langsam aber stetig hat sich im ersten Jahr, das „Wolke 7“ besteht, der Veranstaltungskalender gefüllt. Ihr pastoraler Alltag, sagt Schwester Magdalena, richte sich nach den Terminen. Die wichtigsten Daten, auch für nichtchristliche Bewohner des Viertels, seien St. Martin und Nikolaus, da sei der Raum voll. Zu Kronsrode gehören bislang zwei Kitas und eine Grundschule.

Abwechslung von der missionarischen Basisarbeit im Bistum bietet das Engagement in der Ordensleitung in München, wo ein Viertel ihres Deputats angesiedelt ist. Sie beziehe Kraft aus dem Austausch mit ihren Mitschwestern sowie dem Gebet: „Ich bearbeite viel im Sprechen.“ Denn was mühelos klingt, ist bisweilen harte Arbeit. Für die Zeiten ihrer Abwesenheit hat sich eine Whatsapp-Gruppe Ehrenamtlicher in der Nachbarschaft gegründet, die „Wolke 7“ hütet und im Blick behält. Gegenwärtig hat der Raum sieben Paten.

Fotos: Tanja Kasischke

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